Seminargruppentreffen nach 40 Jahren

Motorroller Troll 1

Genau vor 43 Jahren, im September 1974, fuhr ich zum ersten Mal mit meinem Motorroller Troll 1 nach Roßwein.

Ich hatte mich beworben an der Ingenieurschule für Schwermaschinenbau „Walter Ulbricht“ in Roßwein für ein Fachschulstudium. Mein Vater gab mir mit auf den Weg „jetzt endlich hast Du es begriffen nun mach was daraus“. Jetzt war ich nur noch Hobbyfußballer und hauptberuflich Student.

Montagmorgen, Gebäude D, Raum 1 – unser Seminargruppenberater und Sportlehrer Uwe Hachmann empfing uns zur ersten Stunde mit den Worten die noch heute in meinen Ohren klingen „Ich hoffe Sie haben sich alle auf diese Zeit gut vorbereitet und erweisen sich als würdig, an einer sozialistischen Ingenieurschule zu studieren. Wenn nicht, dann werden wir uns sehr schnell wieder von diesen Leuten trennen. Unsere Parallelseminargruppe hatte die Russischlehrerin. Hatte ich ein Glück. Es kam dann auch so, zweimal wurde auch unser FDJ-Sekretär exmatrikuliert und es musste zum dritten Mal gewählt werden. Ich war mit meinen Noten im Mittelfeld gestartet und war sehr stolz, nun Leistungsstipendium erreicht zu haben. Und nun sollte ich FDJ-Sekretär werden. Uwe Hachmann baute wieder Druck auf und ich wurde einstimmig gewählt, einen Gegenkandidat gab es nicht.

Heute weiß ich mit 40 Jahren Berufserfahrung, dass Uwe Hachmann uns alle, und mich besonders, gefordert und gefördert hat. Wir hatten im Stahlbau herausragende Lehrerpersönlichkeiten. Was wir von Herrn Hachmann, Herrn Dr. Voigtländer und Herrn Schäfer an Fachwissen vermittelt bekommen haben, war die perfekte Grundlage für unser gesamtes Berufsleben. Spätestens ab dem 2. Studienjahr hatten wir das Gefühl, unsere Dozenten merken, dass wir uns Mühe geben und wir hatten eine Beziehung erfahren von Hochachtung, gegenseitigem Respekt und Anerkennung. Stolz trugen wir bei Festen und Veranstaltungen unsere Stahlbauerfahne und sangen unser Stahlbauerlied. Wir hatten unsere Vorbilder. Es war die vielleicht beste Entscheidung meines Lebens, zum Ingenieurstudium nach Roßwein zu gehen. 1977 ging ich zurück nach Leipzig, ganz stolz mit dem Recht, die Berufsbezeichnung Maschinenbauingenieur zu tragen. Als ich Jahre später vor den großen Brücken der Welt gestanden habe in San Francisco und New York, hatte ich das Bedürfnis eine Karte nach Roßwein zu schreiben. Dort hatten wir inzwischen einen Freund zurückgelassen und uns war allen klar, was wir Uwe Hachmann und Roßwein zu verdanken haben.

Nun fuhr ich genau 40 Jahre nach unserem Abschluss zum zweiten Mal nach 1995 zurück nach Roßwein zum Seminargruppentreffen. Leider sind aktuell einige ernsthaft erkrankt und leider habe ich unser Unikum, den Berliner Detlef Neumann, nicht wiedererkannt. Wir sind durch die Straßen von Roßwein gelaufen, wir haben die alten Kneipen gesucht und unsere Erinnerungen ausgetauscht. Wir wollten zur Disko in den Herkules und in die Mensa. Gefunden haben wir andere Straßenzüge mit teilweise neuen Fassaden die wir nicht kannten. Dazu hat uns Uwe Hachmann genau erzählen können, wie sich Roßwein gesellschaftspolitisch verändert und entwickelt und warum der Herkules geschlossen hat. Am meisten beeindruckt hat uns ein Abend in der Börse mit Herrn Prof. Dr. Ing. Voigtländer. Seine Ausstrahlung, seine Sachlichkeit und Ausdrucksweise zu berichten, was sich in den Jahren getan und verändert hat, was im Besonderen die Ingenieurausbildung in Roßwein betrifft, mit welchen persönlichen Eindrücken diese 40 Jahre verlaufen sind.  Wir haben beschlossen, bald wieder zu kommen, weil Roßwein eine Geschichte hat und mindestens 2 herausragende Persönlichkeiten die uns und einige andere geprägt haben.